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Die Waitzstraße in Hamburg Othmarschen ist über zwei Jahrzehnte zum ungewöhnlichen Unfallhotspot geworden. Welche Ursachen stecken dahinter und was wird getan, um Abhilfe zu schaffen?
Text von Jeremy Braun und Olivia Dübbelde
Die Waitzstraße in Othmarschen im Dezember. Eine Straße, die an diesem Tag ruhig und gemütlich wirkt – Weihnachtsbeleuchtung, Kunden schlendern vorbei an Boutiquen und Cafés, ein kleiner Weihnachtsmarkt in der Nähe. Es war nicht immer so idyllisch hier: Bis vor wenigen Monaten war die Waitzstraße ein Brennpunkt für Verkehrsunfälle in Hamburg. „Man wusste nie genau, wann wieder was passiert. Aber dass es irgendwann wieder dazu kommt, war absehbar“, berichtet ein Anwohner.
Dieser Beitrag ist im Rahmen des Bachelorseminars “Digitale Kommunikation” an der HAW Hamburg entstanden und wurde ausgewählt, um auf FINK.HAMBURG veröffentlicht zu werden.
„Das war ein Unfall in der Bank. Gott sei Dank war an dem Tag keiner der Angestellten im vorderen Teil tätig.“ Gunnar Gellersen zeigt auf ein Foto. Darauf zu sehen, die völlig zerstörte Front einer Sparkassen-Filiale, wie auch die Ursache der Zerstörung: ein PKW, der mitten im Geschäft steht. Gellersen lehnt sich über den Tisch in seinem Büro am Altonaer Fischmarkt. Der Projektentwickler und Experte für Verkehrssicherheit beschäftigt sich als freier Berater schon seit einiger Zeit mit den Verkehrsproblemen in der Waitzstraße. Er zeigt auf weitere Bilder und blickt gedankenverloren aus dem Fenster auf die Elbe: „Das ist ja schon eine sehr heiße Geschichte.“
Das Unfallproblem in der Waitzstraße ist nicht neu. Seit den 1990ern kommt es immer wieder vor, dass Autofahrer*innen beim Ein- oder Ausparken die Kontrolle verlieren und von den diagonal angeordneten Parkplätzen in die Schaufenster fahren.
Gellersen hat eine Vermutung für die Ursachen und Häufigkeit der Unfälle: „Stress spielt eine wesentliche Rolle. Koordination und schnelle Reaktionen fallen vor allem den älteren Verkehrsteilnehmern schwer.“ Eine seiner vielen Tabellen zeigt: Das Durchschnittsalter der Unfallverursachenden liegt bei 75 Jahren. Neben gesundheitlichen Einschränkungen spielen laut Gellersen auch Medikamenteneinfluss und Orientierungsschwierigkeiten eine Rolle.
Ein weiterer Faktor sei die hohe Dichte an Arztpraxen: „Wir haben hier 65 niedergelassene Arztpraxen auf 330 Metern Länge. Diese Dichte ist, soweit ich weiß, ein europäischer Rekord“, sagt Gellersen. Viele der Unfallverursachenden seien auf dem Weg zu oder von diesen Praxen gewesen.
Im Jahr 2015 wird, unter der Leitung des neu ins Leben gerufenen Business Improvement Districts (BID), ein Konzept entwickelt, um die Straße sicherer und ansprechender zu gestalten. Gellersen, Mitglied des Lenkungsausschusses des BID, erinnert sich: „Dann hat auch die Politik festgestellt, dass Handlungsbedarf besteht.“
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Querpackplatz in der Waitzstraße in Othmarschen
Dübbelde / Braun
Er faltet eine Broschüre auf. Adrett arrangierte Fotos der baulichen Maßnahmen. „Bei der Ideenfindung waren damals Architekten für Städtebau, Stadtentwicklung aber auch Gartenlandschaftsbau beteiligt.“ Die Kernmaßnahmen umfassten zum einen den Austausch der Schrägparkplätze auf der rechten Straßenseite durch Längsparkplätze, um das Unfallrisiko beim Ein- und Ausparken zu minimieren, als auch das Aufstellen einer Leitplanke in Form von Straßenmobiliar. Diese sollen als Anfahrschutz dienen.
Die Maßnahmen aus dem Jahr 2015 bringen jedoch nicht den erhofften Erfolg. Gellersen holt ein weiteres Bild von 2019 aus seinem Ordner und erklärt: „Wie wir nach einer Weile feststellen mussten, war das Straßenmobiliar ein Anfahrschutz, aber kein Überfahrschutz.“ So prallte ein Auto gegen einen der 200 Kilogramm schweren Granitblöcke, schob ihn in eine Schaufensterfront und demolierte diese trotz aller Maßnahmen erneut. Nur durch Glück wurde niemand verletzt.
Auch die Längsaufstellung der Parkplätze auf der rechten Straßenseite muss nach irritierten Reaktionen aus der Bevölkerung wieder zurück genommen werden. Heute parken die Autos also wieder diagonal.
Nach den ersten Rückschlägen beschließen die Verantwortlichen beim BID, die Schutzmaßnahmen aufzurüsten. Die Lösung: 600 Kilogramm schwere Vollstahlpfosten, die 60 Zentimeter tief in der Erde verankert sind und ebenso hoch darüber hinausragen. Diese sollen schwerwiegende Schaufensterkollisionen wirksamer verhindern.
Die Maßnahmen zeigen ersten Erfolg. Zuletzt landet im Sommer 2023 ein SUV in der wiederholt betroffenen Bankfiliale. Seit Abschluss der baulichen Maßnahmen im November 2023 gab es hier keine Unfälle mehr.Die Waitzstraße: Jedes X markiert eine betroffene Adresse. An einigen davon gab es gleich
mehrereUnfälle. Den Rekord stellt ein Blumengeschäft, welches sechsmal betroffen war.
„Man findet überall Kratzer an den Leitplanken, unseren Pollern und an den Bänken. Das zeigt, dass die Maßnahmen Erfolg haben. Das Verhalten der Fahrer ändert sich nicht.“ Gellersen blickt unglücklich auf eine Abbildung der ursprünglichen Stahlsitze von 2015. Diese wurden seither durch die verschiedenen Schaufensterkollisionen fast komplett vernichtet. „Aber die Sicherheit geht vor.“
Andere Verbesserungsvorschläge des Business Improvement Districts, wie zum Beispiel die Einrichtung von seniorengerechten Shuttleservices in Kooperation mit dem Fahrdienst Moia, scheitern an einem zu hohen Verwaltungsaufwand und Personalmangel.
Das Unternehmen Argus machte im Oktober 2024 als Teil eines Verkehrsgutachtens weitere Verbesserungsvorschläge, wie beispielsweise die Etablierung einer autofreien Zone. Gellersen ist allerdings skeptisch, was deren Umsetzbarkeit betrifft. “Im Grunde sind das ja super Ideen, aber das wird so vorerst keiner wollen. Dass aus der Waitzstraße irgendwann mal eine Fußgängerzone wird, ist schon absehbar. Wann das aber passieren wird? Keine Ahnung.”.
Erste Aussagen von Mitarbeiter*innen eines betroffenen Geschäfts bestätigt Gellersens Verdacht: “Erneute Umbauarbeiten wären für unser Geschäft eine Katastrophe”. Es heißt, weitere, mehrjährige Baustellen könnten Kunden fernhalten und die finanzielle Lage der Geschäfte drastisch verschlechtern.
Manche Gewerbetreibenden üben sich im Zweckoptimus: “Was sonst kommt, das kommt dann eben“. Einen weiteren Vorfall würde es schon nicht geben, so die Hoffnung. Man habe ja jetzt bereits getan, was getan werden kann. Die Zukunft solle zeigen, ob die Maßnahmen gereicht haben. Heute jedoch, in der besinnlichen Weihnachtszeit, zeigt die Waitzstraße ein anderes Gesicht: Sie ist durchzogen mit dem Duft von gebrannten Mandeln und Glühwein, die Schaufenster sind geschmückt und die Weihnachtsbeleuchtung taucht die Straße in ein warmes Licht.
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14.3.2025 09:08Hamburgs gefährlichste Straße – vom Unfallhotspot zum EinkaufsparadiesImmer mehr Menschen begeistern sich für Frauenfußball. Was den Frauenfußball so besonders macht und warum es hier ein ganz anderes Gemeinschaftsgefühl gibt, erzählen Carlotta Kuhnert und Justina Aschentrup, Mitglieder und aktive Spielerinnen des FC St. Pauli.
Von Max Niesen und Ranin Odeh
Es ist ein kalter Winterabend in Hamburg, die Becher sind mit warmen Getränken gefüllt, die Fans sind bereit, der Ball rollt gleich los – die Stimmung auf dem gut gefüllten Fußballplatz in Farmsen ist aufgeheizt. Ein paar passionierte Fans singen bereits, als um 20 Uhr der Startpfiff zur zweiten Runde des Landespokals fällt. SC Condor gegen den FC St. Pauli.
Dieser Beitrag ist im Rahmen des Bachelorseminars “Digitale Kommunikation” an der HAW Hamburg entstanden und wurde ausgewählt, um auf FINK.HAMBURG veröffentlicht zu werden.
Seit dem historischen Pokalspiel im Millerntorstadion, gegen die Stadtrival*innen des HSV im September 2023, bei dem St. Paulis Frauen erstmalig im Stadion spielten, hat die Menge der Livezuschauer*innen auch bei Auswärtsspielen wie diesem leicht zugenommen. Die Spieler*innen wissen, dass sie auf ihre treuen Fans zählen können, diese für gute Stimmung sorgen und immer mit dabei sind. Wir unterhalten uns mit zwei Spielerinnen des FC St. Pauli über die Entwicklung und Besonderheit des Frauenfußballs – im eigenen Verein und weltweit.
Justina Aschentrup, Spielerin der zweiten Frauenmannschaft des FC St. Pauli und Jugendtrainerin liebt den Frauenfußball. 2023 erfüllte sie sich einen Traum und reiste nach Australien, um die Frauen-Weltmeisterschaft live zu erleben. Mit großer Begeisterung fieberte sie auf den Tribünen mit – besonders mit den Gastgeberinnen, den Matildas, wie die Fußballspielerinnen der australischen Nationalmannschaft genannt werden.Justina Aschentrup. Foto: Richard Michael Diedrich
Die WM in Australien war mehr als nur ein sportliches Ereignis. Sie steht für die enorme Entwicklung des Frauenfußballs: Die Stadien waren gefüllt, über hunderttausende Fans waren live vor Ort, weltweit schauten Millionen zu. Der Einfluss der WM reicht weit über die Spiele hinaus. In Australien führte der Erfolg zu einem regelrechten Fußball-Boom: Umgerechnet 118 Millionen Euro versprach die Regierung für die Verbesserung der Fußball-Infrastruktur – ein starkes Signal für die Zukunft.
Doch auch in Europa wird die wachsende Bedeutung des Frauenfußballs immer sichtbarer. In England entfachte eine spannende Diskussion: Nach dem Rücktritt von Gareth Southgate als Trainer der Männernationalmannschaft schlugen Medien Sarina Wiegman, Trainerin des englischen Frauenteams, als mögliche Nachfolgerin vor. Hier in Hamburg fragt sich Aschentrup, weshalb ein Wechsel zum Männerfußball immer noch als Aufstieg gesehen wird.
Die Spiele der ersten Frauenmannschaft von St. Pauli stehen vor allem für einen respektvollen Umgang auf dem Platz. Wie Carlotta Kuhnert, ehemalige Kapitänin des Teams, erklärt, tragen die Spieler*innen selbst viel dazu bei, dass Fairness und Miteinander im Vordergrund stehen. Die Spielerinnen diskutieren seltener mit Schiedsrichter*innen und begehen auch seltener grobe Fouls.
Im Vergleich: In der Bundesliga-Saison 2023/24 erhielten die Frauen insgesamt 413 gelbe Karten (12 Teams), wohingegen bei den Männern 1218 (18 Teams) verteilt wurden. Ein faires Miteinander wird auch neuen Spieler*innen vermittelt: „Das ist fast schon unser Motto“, sagt Kuhnert. Es geht auch darum, sich bewusst von den oft stattfindenden Provokationen im Männerfußball abzugrenzen und ein Beispiel zu setzen. Das Spiel fühle sich so einfach fairer an.
„Bei uns findet langsam ein Umbruch statt. Momentan haben wir noch zu wenig Förderung“
Die Qualität im Frauenfußball nimmt weltweit stetig zu, die Förderung von Frauen und jungen Mädchen wird als immer wertvoller anerkannt. So sind diese Themen auch beim FC St. Pauli ein wichtiges, leider aber noch ausbaufähiges Anliegen. Aktuell ist die Frauenabteilung lediglich im Breitensport verankert, dabei wünschen sich viele Spieler*innen zusätzlich einen Fokus auf Leistungssport. Auch Kuhnert und Aschentrup wünschen sich, dass der FC St. Pauli stärker in ihre Förderung investiert, um jungen Mädchen langfristig bessere Perspektiven zu bieten und den Frauenfußball nachhaltig zu stärken.
Im Vergleich zu anderen Sportarten, wie Tennis, Handball oder Ski, hängt der Fußball im Thema Equal Pay noch hinterher. Da die Gehälter nicht ausreichen, müssen viele Spieler*innen noch einer Nebentätigkeit nachgehen. In wenigen Ländern, unter anderem Dänemark, verdienen Fußballspielerinnen genauso viel wie ihre männlichen Kollegen.Carlotta Kuhnert. Foto: Eddy-@eddyphotogr
Auch Kuhnert spricht sich für eine gerechte Bezahlung aus, betont aber, dass sie kein Interesse an den oft absurden Millionengehältern der Männer habe: „Das sind Summen, die man nicht braucht.“ Stattdessen wünsche sie sich eine Angleichung auf mittlerem Niveau, die finanzielle Sicherheit und Wertschätzung garantiert.
Zurück in Farmsen sind die Gesänge von stolzen Fans des Kiezvereins weiterhin laut zu hören. Auch wenn die Lieder den Fangesängen der Herren sehr ähneln, gibt es einen bedeutenden Unterschied: Die Fans passen die Texte an. Statt „Hier gewinnt nur einer, St. Pauli und sonst keiner“ schallt es bei den Frauen: „Hier gewinnt nur eine, St. Pauli und sonst keine.“
Für Kuhnert, die selbst auf dem Platz steht, macht das einen entscheidenden Unterschied. Auch innerhalb des Teams wird sensibel mit Sprache umgegangen. Sie benutzt bewusst das Wort „Team” anstatt „Mannschaft” und das Spiel der männlichen Kollegen wird statt „Fußball“, „Männerfußball“ genannt.
„Das hier ist kein Ort für Hass, Negativität und Aggression“
Bei Fußballspielen von Frauen fühlen sich Kuhnert und Aschentrup generell wohl. Die Atmosphäre ist offener, entspannter und weniger aggressiv. „Das hier ist kein Ort für Hass, Negativität und Aggression“ – Kuhnert schätzt die Stimmung auf und neben dem Platz in ihrer Abteilung sehr.
Bei einem Frauenfußballspiel habe sich Aschentrup noch nie unwohl, unerwünscht oder sexualisiert gefühlt – zu Spielen von Männern gehe sie außerhalb ihres Vereins mittlerweile nicht mehr. Negative Energie wird im Stadion beim Männerfußball oft raus gelassen – Fangruppen feinden sich an, es kommt zu schweren Auseinandersetzungen. Bei den Frauen gibt es kaum Fans, die sich derartig äußern oder verhalten. Falls dies doch mal der Fall sein sollte, weisen in der Regel andere Fans oder Mitarbeiter*innen darauf hin, dass dies nicht der Ort dafür sei. Der Frauenfußball legt viel Wert darauf, ein sichere Umfeld zu wahren.
Kurz vor 22 Uhr ertönt der Schlusspfiff und die Fans feiern ausgelassen – ein klarer 1:4 Sieg bringt die FC St. Pauli Frauen in die nächste Runde. Auch bei diesem Spiel wurde wieder klar: Frauenfußball ist weit mehr als nur Sport – er steht für Fairness, Respekt und Gemeinschaft. Ein gesellschaftlicher Anpfiff, bei dem am Ende alle gewinnen können.
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6.3.2025 14:12Frauenfußball: St. Pauli und sonst keineFahrradtouren vorbei an Grabstätten – das mag für viele eine befremdliche Vorstellung sein. Der Friedhof Ohlsdorf sieht sich zunehmend nicht mehr nur als Friedhof, sondern auch als Naherholungsgebiet. Wie passt das zusammen?
Der Friedhof Ohlsdorf ist der größte Parkfriedhof der Welt. Mit einer Größe von fast 400 Hektar ist er mehr als doppelt so groß wie die Außenalster. Diese Fläche nutzen Hamburger*innen nicht mehr nur als letzte Ruhestätte. Auch Fahrradtouren oder Konzerte finden auf dem Gelände heutzutage statt. Das klingt paradox. Warum versucht der Friedhof Ohlsdorf, zum Naherholungsgebiet zu werden?
Lutz Rehkopf, Sprecher für die Hamburger Friedhöfe, erklärt, dass 80 Prozent der Bestattungen auf dem Friedhof mittlerweile per Urne stattfinden. Diese brauche viel weniger Platz als ein Sarg. Man müsse deshalb andere Wege finden, die Fläche zu nutzen. Zum Beispiel für Lesungen, zum Waldbaden oder eben für Fahrradtouren.
Wir haben uns umgehört: Was sagen Hamburger*innen zum Friedhof Ohlsdorf als Naherholungsgebiet? Kann man sich dort erholen, wo Verstorbene begraben werden? Wie steht Hamburg zum Wandel und warum spricht sich Rita Barke vom Garten der Frauen gegen die neue Nutzung aus? Antworten gibt es im Video:
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6.3.2025 06:57Der Friedhof Ohlsdorf – Ruhestätte oder Park?In Hamburger Soundsystemen sind Flinta-Personen unterrepräsentiert. In der letzten Folge des Podcasts erzählen Lisa Rechlin und Gardy Stein von ihren Erfahrungen und Zukunftswünschen als Flinta-Personen in der Dub-Szene.
Illustration Titelbild: Anna Plehnert
„Es geht uns nicht darum, Männer auszuschließen, sondern die Rollen sichtbar fürs Publikum zu verdrehen. Sodass nicht ein oder zwei Flinta-Personen den Abend über auflegen, sondern den ganzen Abend auf zwei Floors komplett abrocken”, sagt Lisa Rechlin und beschreibt damit das Flinta-Special der Subwise-Partys.
In der männlich dominierten Hamburger Soundsystem-Szene sei es wichtig, auch Flinta-DJs eine Bühne zu geben. Über ihre Erfahrungen als Flinta-Personen in der Szene sprechen Lisa Rechlin und Gardy Stein in der vierten und letzten Folge unseres Podcasts „Hamburgs Dub: Boxen, Bässe, Riddims“.
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Lisa Rechlin, Jahrgang 1997, ist Teil der Crew um das Kieler Wobadub Soundsystem und hilft beim Dub Café in der Roten Flora mit. Außerdem ist sie Teil des Hamburger Kollektivs „Subwise”, bei dem sie das einzige Flinta-Mitglied ist. Gemeinsam mit dem Flinta-Kollektiv Femsound Connection organisiert sie unter anderem Flinta-DJ-Workshops.
Gardy Stein, Jahrgang 1977, ist Linguistin, Musikjournalistin und moderiert „Forward the Bass” beim Radio ByteFM. Sie ist zudem Vorstand im Verein „Adabu Foundation e.V.” und Chefredakteurin bei Jamburg. Gardy ist selber als DJ tätig und zweifache Mutter.
Im Podcast „Hamburgs Dub: Boxen, Bässe, Riddims“ dreht sich alles um die Entstehung und Entwicklung der Musikrichtung und der Soundsystem-Kultur in Hamburg. Die FINK.HAMBURG-Redakteurinnen Luna Baumann Dominguez, Pauline Claußen und Louisa Eck sprechen in vier Folgen mit Expert*innen und Mitgliedern der Musikszene. Es geht um Themen wie die Geschichte der Musikrichtung, Hamburger Soundsysteme und Frauen in der Szene. Die erste Folge bietet eine erste Einführung in das Thema Dub. In der zweiten Folge geht es um die Partys und Gemeinschaft in der Hamburger Dub-Szene.
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5.3.2025 19:16Gleiche Bühne für alle: Flinta an den DecksIm Katers Köök wird man von fünf Katzen begrüßt. Wo Gäste ein- und ausgehen, um ihr veganes Frühstück zu genießen, sind sie zuhause. Aber wie gut lässt sich ein Katzencafé mit den Grundsätzen des Tierschutzes vereinbaren?
Text von Nele Zöfert und Annabel Zoepke
Avery liegt noch schlafend im Eingang auf ihrem Lieblingsplatz. Avicii spaziert von Tisch zu Tisch und wirft prüfende Blicke auf die Gäste. Er wird selbst beobachtet – von Keshia aus ihrer kuscheligen Hängematte heraus. Rebell hat sich an das Bein einer Kundin geschmiegt, die ihn vorsichtig krault. Nur von Mellow ist keine Spur. Sie genießt die Ruhe im Rückzugsraum, in den keine Gäste dürfen. Denn das ist das erste Gebot im Katers Köök: Hier wird nur gekuschelt, wenn die Tiere das möchten.
Rilana Rentsch hat das Katzencafé gegründet und so einen ganz besonderen Ort geschaffen. Nach ihrem Linguistik-Studium arbeitete sie erst in der PR- und Eventbranche, merkte bei der Zusammenarbeit mit Caterern jedoch schnell, dass sie viel lieber auf der anderen Seite stehen würde. Ihre drei großen Interessen: Gastronomie, Tierschutz und pflanzliche Ernährung vereinte sie erstmals als Franchisenehmerin einer Katzencafé-Kette in Hamburg.
Dieser Beitrag ist im Rahmen des Bachelorseminars “Digitale Kommunikation” an der HAW Hamburg entstanden und wurde ausgewählt, um auf FINK.HAMBURG veröffentlicht zu werden.
Vor zweieinhalb Jahren eröffnete sie gemeinsam mit zwei Freund*innen das Katers Köök. „Das ist unser Baby!“, so die Gründerin. Das ursprüngliche Konzept aus Japan haben die drei abgewandelt. Die fünf Katzen sind keine Kuscheltiere, sie bewohnen das Deli und sorgen allein mit ihrer Anwesenheit für Freude bei den Gästen.Sie haben das Café gegründet: (v.l.n.r.) Sandra-Sophie Karolat, Rilana Rentsch & Sören Alexander Horn. Foto: Thomas Nutt
Der Weg zum eigenen Café war kein leichter. Sie brauchten Doppeltür-Schleusen und mussten sich an die Vorschriften des Veterinär- und Hygieneamts halten. An erster Stelle steht und stand für Rilana Rentsch dabei immer das Tierwohl: „Unsere Katzen kommen aus dem Auslandstierschutz und sollen sich hier rundum wohlfühlen – dann ist es eine Win-Win-Situation für Tiere und Gäste.“
„Wir machen alles mit Liebe und stehen zu 100 Prozent hinter dem, was wir tun.“
Es riecht nach frischem Brot, und aus den Lautsprechern kommt melodische Musik. Heute ist Mitarbeiterin Franziska Dang für das Wohl der Katzen und Gäste zuständig. Die Bedürfnisse beider Seiten zu berücksichtigen, ist nicht immer leicht. Doch genau diese Herausforderung macht für sie den Reiz ihrer Arbeit aus. „Mir gefällt die Arbeit im Service, aber die Interaktion mit den Katzen ist das I-Tüpfelchen“, sagt sie.
Trotz des Trubels achtet sie darauf, dass die Katzen ihre Rückzugsmöglichkeiten haben: „Sie brauchen ihre Ruhe. Wir sorgen dafür, dass sie schlafen können, wenn sie es wollen“, so Dang. Ihr Kollege Jan-Hendrik Paasch schätzt vor allem den respektvollen Umgang im Café: „Man lernt immer neue Menschen kennen, mit denen man in wenigen Augenblicken auf einer Wellenlänge ist.“
Franzikas Lieblingsanekdote aus dem Café? „Am Empfangstisch stehen unsere Wassergläser. Einmal habe ich mich umgedreht und gesehen, wie Rebell genüsslich aus meinem Glas trinkt, Ich war geschockt und habe mich gefragt, wie oft er das wohl schon gemacht hat, ohne dass ich es mitbekommen habe“, erzählt sie lachend.Kater Rebell begutachtet den veganen Fischburger. Foto: Katers Köök
Gerade hat es sich Rebell auf dem Schoß einer jungen Kundin gemütlich gemacht. Svea und ihr Freund Maurice sind zum zweiten Mal hier. Besonders gefällt ihnen die Kombination aus der entspannten Atmosphäre und dem veganen Konzept. Früher hatten sie selbst Katzen, daher verstehen Sie, dass die Tiere keine Spielzeuge sind. „Manchmal kommen die Katzen zu uns, manchmal beobachten wir sie nur“, so Svea. „Ich finde es nicht schlimm, wenn sie uns mal die kalte Schulter zeigen“, ergänzt Maurice.
Rilana Rentsch berichtet, dass die allermeisten Gäste so denken. Sie respektieren, dass die Tiere selbstbestimmt sind und ein Besuch daher auch mal „kuschellos“ ausfallen kann. Ein wichtiger Aspekt, damit das Konzept überhaupt funktioniert.
„Katzencafés können eine Möglichkeit sein, Menschen für den respektvollen Umgang mit Tieren zu sensibilisieren“, sagt Mareike Homann von Peta, Deutschlands größter Tierrechtsorganisation. Allerdings ist Vorsicht geboten: „Diese Einrichtungen sind nur vertretbar, wenn das Wohl der Tiere im Mittelpunkt steht“, so Homann. Katzen sollten freiwillig entscheiden können, ob sie den Kontakt zu Gästen suchen. Dafür brauchen sie neben einer tiergerechten Einrichtung auch ausreichend Rückzugsorte.
„Diese Einrichtungen sind nur vertretbar, wenn das Wohl der Tiere im Mittelpunkt steht“
Außerdem sei es essenziell, dass die Tiere aus dem Tierschutz stammen und nicht aus Zuchten, die Tierleid fördern. Für eine authentisch-tierfreundliche Atmosphäre sollten Katzencafés zudem ausschließlich vegane Speisen anbieten. PETA fordert Besucher*innen eines Katzencafés dazu auf, genau hinzuschauen: Wirken die Katzen entspannt? Sehen sie gesund aus? Missstände sollten den Behörden gemeldet werden.Avicii und Rebell haben sich ein Plätzchen zum Kuscheln gesucht. Foto: Katers Köök
Das Katers Köök hat im April 2024 eine Entscheidung getroffen: „Wir haben ein Eintrittsalter ab zehn Jahren eingeführt, denn das Katzenwohl wurde ab und an gefährdet, weil die Eltern nicht auf ihre Kinder aufgepasst haben. Unser Service musste da immer hinterher sein und das war nicht mehr tragbar!“, so Rilana Rentsch. Der Leitsatz, der auch auf der Website des Katers Köök zu finden ist, fasst es zusammen: „Katzencafés sind keine Streichelzoos.“
Avicii nutzt eine Kellnerin als Treppe, um flink auf den Kratzbaum zu springen, Rebell hat sich in den Ruheraum zurückgezogen und Keshia schläft immer noch gemütlich in der Hängematte. Avery hat sich mittlerweile auf den Kassentresen gesetzt, als würde sie die Abrechnung höchstpersönlich überwachen.
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Stadttauben haben es schwer: Viele Menschen können sie nicht leiden, einige vertreiben sie sogar. Insbesondere kranke Tauben stoßen auf starke Ablehnung. Ein Verein kümmert sich in Hamburg um die Tiere – auch um die kranken. Ein Besuch im Handicap-Schlag in Steilshoop.
Text und Fotos von Elena Feickert und Julia Wieczorek
„Es sind liebenswerte Tiere, wie andere Tiere auch“, sagt Martina Born. Sie steht im Garten des Behindertentaubenschlags Steilshoop, Casa Grimaud, hinter einem kleinen, dunkelgrünen Holzschuppen. An die Rückseite des Schuppens grenzt ein großer Käfig. An der linken Wand sind drei umzäunte Holzvorsprünge angebracht, die wie Balkone wirken. Auf dem Grundstück stehen Bäume und auf dem Boden bilden dunkle Steinplatten einen Weg. Tauben landen auf dem Boden, gehen ein paar Schritte, heben wieder ab und lassen sich auf dem Plastik-Welldach des Taubenschlags nieder.
Dieser Beitrag ist im Rahmen des Bachelorseminars “Digitale Kommunikation” an der HAW Hamburg entstanden und wurde ausgewählt, um auf FINK.HAMBURG veröffentlicht zu werden.
„Das sind Besucher,” sagt Martina Born. Die eigentlichen Bewohner des Taubenschlags in Steilshoop dürfen den Schlag nicht verlassen. Sie haben Behinderungen, mit denen sie in der Stadt nicht überleben könnten. Deshalb der Außenkäfig und die kleinen, umzäunten Balkone – frische Luft für die Patienten.
Martina Born ist Ehrenamtliche beim Hamburger Stadttauben e.V. Den Verein gibt es seit 2013. „Das erste Projekt war, den Taubenschlag im Hauptbahnhof anzulegen. Und da hat Maria Hanika, unsere Vereinsgründerin, ganz tolle Arbeit geleistet“, sagt Born. Seither arbeiten die Ehrenamtlichen daran, die Situation der Stadttauben zu verbessern.
„Es ist nicht die Schuld der Tauben, dass sie so viele sind und so viele Häufchen machen.“
Stadttauben stammen von Tauben ab, die vom Menschen als Nutztiere gehalten wurden. Sie brüten ungefähr sechsmal im Jahr. Diesen Brutzwang hat der Mensch ihnen angezüchtet. Eigentlich essen Tauben Körner. Gibt es diese nicht, müssen sie in der Stadt nach Speiseresten suchen. Doch Pommes, Brot und Chips reichen nicht aus und schaden der Verdauung.
In den Taubenschlägen des Vereins gibt es ausreichend und artgerechtes Futter. Körner, Getrockneter Mais, manchmal Sonnenblumenkerne. Außerdem tauschen die Ehrenamtlichen dort Taubeneier gegen Attrappen. „So wachsen weniger Tauben auf, die dann ums Überleben kämpfen müssen“, so Born.
Neben dem ersten Taubenschlag am Hauptbahnhof, unterhält der Verein drei weitere. Einen in Norderstedt, einen in Mümmelmannsberg und den Behindertentaubeschlag hier, in Steilshoop.
Das Leben in der Stadt ist gefährlich. Die wenigsten Behinderungen der Tauben sind angeboren. Bei manchen heilen Flügelbrüche nicht richtig. Andere haben durch Krähenangriffe oder Infektionen ein Auge verloren. Oft entstehen Beeinträchtigungen durch Haare und Fäden, die sich um die Krallen der Stadttauben wickeln.Tauben brauchen das richtige Futter, sonst können sie krank werden. Foto: Feickert / Wieczorek
Die Taube Pirata wurde 2019 stark geschwächt mit einer Augenentzündung aufgefunden. Die Entzündung erschwerte ihr das Sehen und damit die Futtersuche, sodass andere Stadttauben ihr oft zuvorkamen. Da keine Heilungschancen bestanden, musste ihr Auge entfernt werden. Mittlerweile lebt Pirata im Handicap-Schlag – geschützt und geborgen und stets mit genügend Essen versorgt, verbringt sie gerne und viel Zeit mit brüten.
“Auch sehr häufig bei Tauben ist eine Nervenkrankheit, die sich durch Infektionen entwickelt. Die Nervenkrankheit heißt PMV, Paramyxovirose“, so Born. Für infizierte Tauben gibt es einen separaten Raum, denn PMV ist in den ersten Wochen nach der Infektion ansteckend und besonders für Küken gefährlich. Nach einer Infektion kommt es zu bleibenden neurologischen Schäden. Manche Tauben mit PMV halten dauerhaft den Kopf schief, andere laufen rückwärts.
Neben dem Käfig an der Rückseite des Schuppens führt eine Treppe in den Taubenschlag. Hinter einer Holztür, die mit Kraft aufgezogen werden muss, liegt ein enger Flur. Es riecht nach Tier. An den Wänden hängen Poster, Bilder, Banner und Zeitungsartikel; immer geht es um Tauben.
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Martina Born nimmt auch Tauben zur Pflege mit nach Hause
Feickert / Wieczorek
An der linken Seite sind drei Türen, Martina Born öffnet die mittlere. In dem kleinen Raum sind viele Holzvorsprünge an den Wänden, auf denen Tauben sitzen. Eine Luke zu einem der kleinen Außenkäfige ist geöffnet. Licht fällt in den Schlag. Durch weitere Öffnungen an den Seiten können die Tauben sich zwischen den Räumen bewegen. Martina Born streut Körner in eine Futterschale auf dem Boden.
Die Tiere beginnen in der Schale zu picken. Manche fliegen vom Boden auf einen der Holzvorsprünge und wieder zurück. Andere sitzen auf einem der roten Töpfe, die als Brutplatz dienen, und schauen zu.
Die Tauben auf dem Lebenshof Casa Grimaud haben das Glück, dass Passant*innen sie gefunden und dem Verein gemeldet haben. Daraufhin wurden sie von Mitarbeitenden privat gepflegt und anschließend hier hergebracht.
Martina Born hatte Fussel bei sich in Pflege. Er hatte eine so schwere PMV-Infektion, dass er nicht mehr selbst fressen konnte. „Den habe ich sehr, sehr lange gefüttert.“ Ein Jahr lang hatte sie die Taube bei sich zu Hause. Dort hat er „geübt und geübt. Jetzt konnte er in den Schlag, weil er selbst fressen kann.“ Daher läge Fussel ihr besonders am Herzen, sagt Born. „Eigentlich sind es immer individuelle Geschichten, die entstehen, wenn man viel Zeit mit einem Tier verbringt.”
Mittlerweile können keine neuen Tauben mehr einziehen, die Kapazitäten sind ausgeschöpft. Trotzdem setzen sich die Ehrenamtlichen des Vereins der Hamburger Stadttauben auch weiterhin für die Tauben ein, auch für ihren Ruf.
“Sie sind alle sehr unterschiedlich und sie liegen mir auf unterschiedliche Weise am Herzen.”
„Tauben sind liebenswerte Tiere. Sie sind den Menschen sehr nahe – im guten Sinne“, findet Born. Das wollen Martina und die anderen Ehrenamtlichen des Vereins der Gesellschaft vermitteln. Es gebe keinen Grund, Tauben abzulehnen. Wir Menschen seien selbst für die hohe Anzahl an Tauben verantwortlich – durch Zucht seien die Tauben immer zahmer gemacht worden und hätten sich in den Städten angesiedelt. Dass Tauben dreckige Tiere seien und Krankheiten auf Menschen übertragen können, seien Vorurteile und längst widerlegt.
Die Arbeit mit den behinderten Tauben erfüllt Martina Born. Ebenso wie einige andere Ehrenamtliche nimmt auch sie immer mal wieder Tauben mit zu sich nach Hause. Vor allem solche, die gerade besondere Aufmerksamkeit und Pflege benötigen. Dort kann sie sich noch besser um sie kümmern und sie aufpäppeln.
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25.2.2025 12:15Hamburgs Tauben zwischen Ablehnung und FürsorgeMusik verbindet Menschen, heißt es. Tanzen auch, da ist sich der Verein Über den Tellerrand sicher. Über den arabischen Ringtanz Dabke, mit dessen Hilfe sich Gemeinschaftsgefühle auf- und Vorurteile abbauen lassen.
Von Rachel Calé und Thanh Thanh Pham
Hamburg, auf der Oberhafenbrücke. Sie hätten allen Grund gehabt, an diesem Abend im November zuhause zu bleiben. Es regnet seit Stunden. Die Elbe ist grau und tosend, schwer vom Himmel abzugrenzen. Trotzdem sind sie gekommen, laufen vorbei an dem windschiefen Gebäude der Oberhafenkantine und den Lagerhallen. Früher gehörten diese zu einem Güterbahnhof. Heute haben hier verschiedene Kreativprojekte ihren Platz.
Dieser Beitrag ist im Rahmen des Bachelorseminars “Digitale Kommunikation” an der HAW Hamburg entstanden und wurde ausgewählt, um auf FINK.HAMBURG veröffentlicht zu werden.
Sie laufen bis zur Halle 43f. Die Halle ist hell erleuchtet und warm. Endlich im Trockenen. Links ein zum Hocker umfunktionierter Sprungkasten, daneben aufgespannte Regenschirme. Rechts Sofas, auf denen sich Anoraks stapeln. In der Halle 43f, auch als Halle Hamburg bekannt, betreibt ein Verein auf 600 Quadratmetern eine Halle für Parkour und Freerunning. Jugendliche üben gerade Saltos.
Heute Abend soll hier noch etwas anderes geübt werden. Links von der Bar führt eine Tür in einen Raum mit einer verspiegelten Wand. Dabke steht auf einem kleinen Papierzettel und hilft den Besucher*innen dabei, sich zu orientieren. Nach und nach trudeln sie ein, begrüßen sich mit Handschlag, Umarmungen und freundlichen Worten – hier ist jede Person willkommen. Die Teilnehmenden wohnen alle in Hamburg und haben russische, iranische, syrische oder deutsche Wurzeln. Heute Abend sind sie hier, um den arabischen Ringtanz Dabke zu lernen.
Viele Talente: Ahmad ist auch Parkour-Trainer, wodurch er auf die Idee kam, den Dabke-Kurs in der Halle Hamburg durchzuführen. Foto: Ali Ahmad
Der Kurs wird vom Verein Über den Tellerrand organisiert und soll Menschen mit und ohne Fluchtgeschichte zusammenbringen. Das Ziel ist es, interkulturelles Verständnis auf- und Vorurteile abbauen. Lena Kern (31) vertritt heute Abend den Verein. Sie hat den hamburgischen Ableger des Vereins 2014 als freiwillige Helferin mitgegründet und ist inzwischen in Teilzeit angestellt. Zum Dabketanzen geht sie aber ehrenamtlich: „Ich liebe den verbindenden Charakter des Dabke. Dieser Tanz ist wie eine internationale Sprache“, erzählt sie. Die konkrete Idee entstand nach einem der Kochevents. Nach dem Abwasch werde immer Musik angemacht und Dabke getanzt. Irgendwann wollten sie und andere Anwesenden den Tanz mal richtig lernen, erzählt Kern. „Die meisten, die gut Dabke tanzen können, sind aber leider nicht so gut im Erklären.“
Einer kann beides, gut Dabke tanzen und gut erklären. Ali Ahmad (33) ist ein Multitalent. Ausgebildeter Schauspieler, Parkour-Trainer und jetzt auch Dabke-Lehrer. Weil er in der Halle Hamburg trainiert, kam ihm die Idee, den Tanzkurs hier stattfinden zu lassen. Der gebürtige Syrer steht vor der achtköpfigen Gruppe, der Kurs startet eine halbe Stunde zu spät. „Wie immer“, sagt Kern und schmunzelt. Der Kurs baut nicht aufeinander auf, allerdings sei es sinnvoll, wiederzukommen und regelmäßig Dabke zu lernen, meint Ahmad. Heute ist der zweite Abend, an dem er die Schritte erklärt. Nicht alle beginnen von vorn. Eine Besucherin hat schon mal in Berlin Dabke gelernt. Eine andere war letzte Woche da. Auch ein syrischer Gast, der schon viele Kochevents von Über den Tellerrand besucht hat, will den Tanz endlich richtig lernen.
Der Grundschritt ist einfach, der Takt sechs Schläge lang. Die Gruppe übt zunächst jede*r für sich allein, in einer Reihe stehend. Der linke Fuß geht nach rechts, der rechte Fuß folgt. Das Ganze noch einmal. Dann ein bisschen anders: Tapp nach vorne, Tapp nach hinten, fertig ist der Grundschritt. Es kommen mehr Variationen dazu, sie stellen die eigentliche Schwierigkeit dar.
Dabke wird vor allem in Ländern des Nahen Ostens getanzt, vor allem auf Hochzeiten, aber auch auf Geburtstagsfeiern oder anderen Partys. In Palästina, Syrien, im Libanon und in Jordanien gibt es jeweils unterschiedliche Variationen. In Palästina ist der Tanz 2023 zum immateriellen UNESCO-Weltkulturerbe erklärt worden.
Ahmad tanzt Dabke, seitdem er laufen kann. „Noch bevor ich geboren wurde“, sagt er im Scherz. Der Tanz sei für ihn etwas, was er wirklich gut könne und sich deshalb dort komplett sicher fühle, ergänzt er. Zum Dabketanzen braucht man nicht viel, nur den Rhythmus und die Melodie. Den Rhythmus geben die Bechertrommel Darbuka und die Zylindertrommel Tabel vor, die Melodie macht oft eine Flöte. Es reicht aber auch ein Keyboard. So werde es bei einigen Dabke-Partys gemacht, die in den vergangenen Jahren regelrecht boomen, sagt Kern. Auf Kampnagel werden zum Beispiel regelmäßig solche Partys veranstaltet.Mit Gebetskette in der Hand: Ali Ahmad aus Syrien ist wichtig, die Tradition des Dabketanzes so authentisch wie möglich zu vermitteln. Foto: Rachel Calé
Beim Dabke-Kurs wird es jetzt komplizierter, der Grundschritt bekommt jetzt noch mehr Variationen. „Ihr könnt alles machen, wichtig ist nur, dass ihr wieder auf der Sechs ankommt,“ erklärt Ahmad. Gemeint ist der letzte der sechs Taktschläge. Wieder bewegt sich die Gruppe von einer Seite des Raums zur anderen, mal jede*r für sich allein, mal an den Händen haltend, wie es beim Dabketanzen üblich ist. Nach einer Dreiviertelstunde ist allen warm. Trainer Ahmad öffnet die Tür und lässt die kalte Herbstluft in den Raum.
Der Kurs solle einerseits die traditionelle Form des Dabke bewahren, erzählt er. Andere Kurse würden nur den Grundschritt vermitteln, mehr nicht. „Wenn, dann wollen wir es richtig beibringen.“ Das andere, größere Ziel, Menschen zusammenbringen und eine starke Gemeinschaft schaffen, sei bei einmaligen Events nicht so einfach, ergänzt Kern. Deshalb plant der Verein für das kommende Jahr, einen mehrwöchigen Dabke-Kurs anzubieten. Der ist verbindlicher und verspricht größere Lernerfolge.
Der Verein Über den Tellerrand e. V. gründete sich 2013 in Berlin und organisierte zunächst Kochevents. Diese sollten einen Begegnungsraum schaffen für Menschen, die nach Deutschland geflüchtet sind und denjenigen, die hier schon lange leben. Inzwischen ist der Verein in über 40 deutschen Städten aktiv. Inzwischen sind neue Formate hinzugekommen. Gemeinsame Spaziergänge zum Beispiel.
Zehn Minuten vor dem Ende. Ahmad steht vorne und hält nun eine Gebetskette, die er gleich kreisen lassen wird, in seiner freien rechten Hand. Das gehöre zur Tradition und würde die Gruppe im Rhythmus halten. Beim Üben hatte er sie noch weggelassen. Die anderen reihen sich hinter ihm ein, an den Händen miteinander verbunden. Die Musik, die er vom Smartphone steuert, ist jetzt schneller. Ein Instrument ist dazugekommen, von dem er zu Beginn erzählt hat: die Längsflöte Mejozz. Die Anweisung für das Finale: „Übt mal alles, was wir heute gelernt haben, aber bleibt im Takt.“ Ahmad tanzt und tanzt. Das Schwierige beim Dabketanzen ist, sich nicht von den Variationen des Vortänzers verwirren zu lassen.
Am Ende des Abends sind alle beseelt von der arabischen Musik und auch ein bisschen ausgepowert. Die viele Beinarbeit macht müde. „Sehen wir uns nächste Woche wieder?“, fragt Trainer Ahmad in die Runde. Am schönsten wäre ein regelmäßiger Kurs, da sind sich Ahmad und Kern einig, die Räumlichkeiten wären jedenfalls passend. Ob es dazu kommt, sei abhängig von Fördermitteln, die der Verein gerade beantragt. Es bleibt also abzuwarten, ob 2025 in der Halle 43f erneut neben Parkour-Akrobatik auch Dabke geübt wird.
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24.2.2025 09:28Dabke: Wie eine internationale SpracheLetzte Zeilen wurden geschrieben, Videos geschnitten, Podcasts produziert. Wieder ist ein FINK-Jahrgang bereit, das Nest zu verlassen und eigene Wege zu gehen. Hier erfahrt ihr, was wir im Newsroom gelernt haben, und was wir (nicht) vermissen werden.
Im Frühjahr 2024 sind wir als neuer Jahrgang des Masters Digitale Kommunikation an der HAW Hamburg gestartet. „Information ist substratunabhängig“ wurde schnell unser inoffizielles Mantra. Ob wir diesen Satz jemals vergessen? Wahrscheinlich nicht. Gelernt haben wir ihn in unserer Vorlesung mit Christian Stöcker. Woche für Woche hat er uns von KI, qualitativem Journalismus und Internet-Verschwörungstheorien erzählt. Leicht verängstigt aber vor allem motiviert sind wir nun auf journalistische Arbeit außerhalb des Newsrooms der HAW Hamburg vorbereitet.
Aber nicht nur Christians Worte bleiben im Kopf – es gibt einige Highlights, die unvergesslich bleiben. Zum Beispiel die Invasion der Marienkäfer, die in den Sommermonaten den Newsroom übernommen haben. Das tägliche Mittagspausen-Wordle und der kurze Ego-Boost, wenn man das richtige Wort erraten hat. Die Taube, die im Juli durch das Campus-Café gelaufen und damit in der Instagram-Story der HAW Hamburg gelandet ist.
Wir haben in den letzten beiden Semestern nicht nur gelernt, gute Geschichten zu erzählen, sondern auch, wie man sie kreativ und verständlich umsetzt. Dafür hat das Datenjournalismus-Projekt gesorgt. Wir haben von Christoph Kinkeldey gelernt, mithilfe von Diagrammen komplexe Themen und Fakten leicht verständlich aufzubereiten. Das geht übrigens auch gut, um unser Redaktionsteam zu beschreiben.
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fink.hamburg/2025/02/die-finke…
18.2.2025 14:20Die Finken werden flüggeTrain, eat, sleep, repeat. Im Hamburger Sportinternat geben 25 Jugendliche alles für ihren Traum von einer Profikarriere. Wir haben Schwimmerin Hannah Gätjen und den Handball-Torwart Finn Knaack einen Tag lang begleitet.
Samstagmorgen, 8:30 Uhr. Während viele Jugendliche noch im Bett liegen, hat Freiwasserschwimmerin Hannah Gätjen bereits etliche Bahnen im Becken gezogen. Seit Ende letzten Jahres lebt die 18-Jährige im Sportinternat der Hamburger Eliteschule des Sports. Handball-Torwart Finn Knaack, ebenfalls 18, zog schon mit 14 Jahren ins Internat. Wir haben die beiden in ihrem Alltag begleitet und gefragt: Wie schaffen sie es, Schule und Leistungssport unter einen Hut zu bringen? Wie gehen sie mit dem Druck um? Und vermissen sie manchmal das normale Teenagerleben?
2006 wurde die Hamburger Grund- und Stadtteilschule Alter Teichweg vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) als Eliteschule des Sports anerkannt. Seitdem ist sie die einzige ihrer Art in der Hansestadt. Bundesweit sind 43 solcher Schulen zertifiziert. Die Grund- und Stadtteilschule Alter Teichweg liegt im Stadtteil Dulsberg (Wandsbek), direkt neben dem Olympiastützpunkt Hamburg/Schleswig-Holstein – der Betreuungseinrichtung für olympische Spitzensportler*innen aus Hamburg und Schleswig-Holstein.
Im dazugehörigen Sportinternat leben derzeit 25 Nachwuchssportler*innen. Betreut werden sie von Internatsleiter Lars Soltek, einer Hauswirtschafterin und mehreren Pädagog*innen. Seit der Eröffnung vor 15 Jahren haben mehr als 120 Jugendliche das Internat durchlaufen. Fünf davon konnten ihren Traum von einer Teilnahme an den Olympischen Spielen verwirklichen.
Hannah Gätjen bei der Siegerehrung der Junioren-Europameisterschaft 2023. Foto: Hannah Gätjen
Hannah Gätjen zählt zu den besten Freiwasserschwimmerinnen ihrer Altersklasse in Deutschland. Die 18-Jährige trainiert für den Verein SG Storman Barsbüttel. Bei der Junioren-Europameisterschaft 2023 auf Korfu gewann sie zwei Bronzemedaillen: über 7,5 Kilometer und in der Staffel über 4 x 1250 Meter. [color="#ffffff"]„[/color]Am Schwimmen begeistert mich am meisten, dass ich für mich alleine bin. Im Wasser kann ich frei sein[color="#ffffff"]“[/color], sagt sie.Finn Knaack spielte bereits zwei Matches bei den Herren in der ersten Handball-Bundesliga. Foto: Finn Knaack
Finn Knaack (18 Jahre) ist Nachwuchstorhüter im Handball und startet seit 2021 für den HSV. Im September letzten Jahres gab er sein Bundesliga-Debüt in einem packenden 25:25-Unentschieden gegen den Verein Frisch Auf Göppingen. Der Umzug ins Internat mit 14 Jahren fiel ihm anfangs etwas schwer. [color="#ffffff"]„Aber das ist eben das Investment, das man machen muss“, erzählt er. „Einfach die Zähne zusammenbeißen und durchkämpfen.“[/color]
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6.2.2025 15:43Ein Tag an der Eliteschule des SportsEinst Vorzeigeprojekt für Bürgerbeteiligung, nun wieder in der Kritik: Der neue Plan von Stadt und Saga zum Paloma-Viertel wendet sich ab vom “St. Pauli Code” und sieht weniger öffentliche Flächen vor. Was ist übrig geblieben vom Beteiligungsverfahren?
„Der neue Entwurf wird dumm, brutal und teuer”, schreibt die Initiative Planbude in einem Statement. Es entstehe ein „utilitaristischer Riesenklotz ohne Nachbarschaftsbezug, entworfen von ChatGPT auf Basis einer Exceltabelle.” Es geht um die Brachfläche der früheren Esso-Häuser, an der Reeperbahn gelegen. Eine Fläche, um die in Hamburg bereits viel gestritten wurde. Eine leere Fläche, die heute mit dem Namen “Paloma-Viertel” assoziiert ist, ohne dass bisher ein Haus steht. Eine Fläche, auf der schon sehr lange nichts passiert ist.
Nun gibt es Neuigkeiten. Von diesen neuen Entwicklung gibt es allerdings zwei Versionen. Zum einen die der Stadt. Sie verkündete im November 2024: „Durchbruch beim Paloma-Viertel. Nach den Verzögerungen der letzten Jahre kann das Paloma-Viertel nun endlich gebaut werden.” Es ist die euphorische Stimme. Und es gibt die Version der Enttäuschten. Sie gehört Menschen, die sich beim bundesweit aufwendigsten Beteiligungsverfahren viele Gedanken über ihre Version für St. Pauli gemacht haben. Auf eine Architektenausschreibung und einen städtebaulichen Vertrag folgte – Stille. Mehr nicht.
„Unser Engagement wird jetzt arrogant beiseite gewischt. Das finde ich den krassen politischen Skandal,” sagt Steffen Jörg von der Gemeinwesenarbeit (GWA) St. Pauli. Jörg ist eigentlich in Elternzeit. Trotzdem ruft er direkt an, als FINK.HAMBURG mit ihm über das Paloma-Viertel sprechen möchten. Stadt und Saga – ein städtisches Immobilienunternehmen – hätten sich dazu entschieden, hinter verschlossenen Türen zu verhandeln, so Jörg. Weiter sagt er, dass Stadt und Saga beschlossen hätten die Planung, das Beteiligungsverfahren und den Wettbewerb über Bord zu werfen, um einen komplett anderen Entwurf zu realisieren. Die Planbude schreibt in ihrem Statement: „Das beschädigt Planungskultur bundesweit – und ganz massiv das Vertrauen in demokratische Prozesse.”
Verschiedene Akteur*innen, darunter auch der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA), fordern in einem offenen Brief den Hamburger Senat auf, Transparenz herzustellen – unter anderem darüber, wie die Aufträge vergeben wurden, und warum Faktoren der Planung geändert wurden. Zudem fordern sie, dass die Planung, wie sie zuvor festgehalten wurde, umgesetzt werden soll.
Die Planbude wurde nach dem Abriss der Esso-Häuser 2014 im Auftrag des Bezirks Hamburg Mitte gegründet – sie sollte die Anliegen und Wünsche von Interessenvertreter*innen und Anwohner*innen bündeln. „Und wir als Initiative Esso Häuser und GWA St. Pauli haben Klinken geputzt und haben gesagt, ihr müsst euch jetzt hier einbringen”, erinnert sich Steffen Jörg. Sie hätten den Menschen gesagt, es sei eine Chance, dass der Stadtteil gehört wird. Nach Angaben der Planbude beteiligten sich rund 2.300 Menschen an dem Entwurf und entwickelten in einem bundesweit einmaligen Verfahren den „St. Pauli-Code” – eine Idee, wie das Paloma-Viertel aussehen soll.So sollte das Paloma-Viertel aussehen. Foto: Bayerische Hausbau
Es folgte ein städtebaulicher Vertrag und ein Bebauungsplan. Trotzdem hat die Bayerische Hausbau, Immobilienkonzern und damalige Besitzerin des Geländes, die viel beachteten Vorschläge wegen der Immobilienkrise, wie sie selbst sagt, nie umgesetzt. Im vergangenen November teilte der rot-grüne Senat dann mit, dass die städtische Wohnungsgesellschaft Saga und der Immobilienentwickler Quantum das Areal übernehmen würden.
Der neue Entwurf von Saga und Quantum weicht in einigen Punkten von dem Entwurf ab, der in einem Beteiligungsverfahren erarbeitet wurde. Konkret gebe es, laut der Planbude, 40 Wohnungen weniger, dafür habe sich die Zahl der Hotelzimmer fast verdoppelt. Zudem gebe es weniger öffentliche Flächen. Im städtebaulichen Vertrags aus 2018, zwischen der Stadt und der Bayerischen Hausbau, ist festgeschrieben, dass es einen Stadtbalkon, ein Urbanes Dach, eine Kletterwand und eine Skateanlage geben soll.Hier wird das neue Konzept für das Paloma-Viertel präsentiert. Foto: Niklas Graeber/dpa
Bis jetzt ist unklar, warum einige Ideen des städtebaulichen Vertrags aus 2018 nicht übernommen wurden. Auf Nachfrage von FINK.HAMBURG antwortet Pressesprecher André Stark: „Die Herausforderung war, die Prämissen der Planung auch in der heutigen Zeit nach dramatischen Baupreissteigerungen, Zinswende und weiteren Herausforderungen bei Bau und Finanzierung Wirklichkeit werden zu lassen.” Kurz: Zu wenig Geld.
Weiter verweist Stark auf die geplanten geförderten Wohnungen, die geplante Kita und ein eigenes Gebäude für kulturelle und kreative Nutzung, welches die Hamburg Kreativ Gesellschaft verwalten soll. Konkrete Antworten, warum die anderen öffentlichen Flächen wegfallen, gibt er nicht. Quantum-Vorstandsmitglied Frank Gerhard Schmidt bezifferte das Investitionsvolumen auf rund 200 Millionen Euro. Laut der Planbude hätten die 200 Millionen Euro auch für den „aufregenden Originalentwurf” gereicht.
Geschrieben von Pauline Claussen und Jana Rogmann
Geschrieben von
Der vorherige Entwurf, der auf dem „St. Pauli Code” basierte, wurde durch einen architektonischen Wettbewerb entwickelt. Ein Konsortium aus Architekturbüros – unter anderem NL Architects aus Amsterdam und BeL Sozietät für Architektur aus Köln – hatte den Wettbewerb gewonnen. Mit diesen Architekt*innen soll die Stadt – laut einem Statement der Planbude – jedoch nicht gesprochen haben, bevor sie das Paloma-Viertel an Saga und Quantum vergab. „Das Wettbewerbswesen, das allseits anerkannt beste Instrument zur Herstellung hoher Planungsqualität und Baukultur, wird so ausgerechnet durch die Stadt Hamburg ernsthaft beschädigt”, schreibt der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten.
Pressesprecher Stark antwortet auf Nachfrage dazu: „In gelebter Praxis kommentiert der Senat grundsätzlich keine offenen Briefe.” Antonia Ivankovic, Mitglied der Fraktion Die Linke in der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte, schreibt auf der Website der Linken: „Die neuen Pläne für das Esso-Areal sind ein undurchsichtiges Hauruckverfahren. Der SPD geführte Senat glaubt offenbar, so eine weitere Bautragödie in der Stadt abzuwenden.” Die Linksfraktion im Bezirk-Mitte hat am 23. Januar einen Antrag gestellt für mehr Transparenz. Der Antrag wurde, wegen fehlender Zustimmung, in den Stadtplanungsausschuss Nord verschoben.
rog/dpa
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2.2.2025 16:19Paloma-Viertel: Es war einmal ein Beteiligungsverfahren⬆️
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